Art. 5 – Annullierung

Gesetzestext

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder

ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder

iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.

(2) Wenn die Fluggäste über die Annullierung unterrichtet werden, erhalten sie Angaben zu einer möglichen anderweitigen Beförderung.

(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

(4) Die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des Fluges unterrichtet wurde, trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen.

Kommentierung

Begriff der „Annullierung“

Vorverlegung des Fluges

Wird ein Flug um mehr als eine Stunde vorverlegt, wird also z.B. die Abflugzeit von 15:00 Uhr auf 13:50 Uhr geändert, ist er als „annulliert“ zu betrachten.

"Art. 2 Buchst. l und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 261/2004 sind dahin auszulegen, dass ein Flug als „annulliert“ zu betrachten ist, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen ihn um mehr als eine Stunde vorverlegt."
EuGH, Urteil v. 21. Dezember 2021, C‑146/20, C‑188/20, C‑196/20 und C‑270/20

Ebenso:

"Art. 2 Buchst. l und Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass ein Flug als „annulliert“ zu betrachten ist, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen ihn um mehr als eine Stunde vorverlegt."
EuGH, Urteil v. 21. Dezember 2021, C‑263/20

Wird ein Flug um mehr als eine Stunde vorverlegt und gilt damit als annulliert, ist der „neue“, vorverlegte Flug als Alternativflug i.S.d. Art. 8 zu werten.

Verschiebung eines Fluges

Erst ab einer Verschiebung der Flugzeiten um drei Stunden kann der Flug als annulliert gelten, soern der Flug ansonsten unverändert durchgeführt wird, also insbesondere dieselbe Flugstrecke bedient wird und die Flugnummer identisch ist.

"Art. 2 Buchst. l und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs‑ und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass ein Flug nicht als „annulliert“ im Sinne dieser Bestimmungen angesehen werden kann, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen dessen Abflugzeit ohne sonstige Änderung des Fluges um weniger als drei Stunden verschiebt."
EuGH, Urteil v. 21. Dezember 2021, C‑395/20.

Zu beachten ist, dass „verschoben“ nicht gleichbedeutend mit „verspätet“ verstanden werden kann. Sofern sich der Abflug lediglich aus tatsächlichen Gründen verzögert, ohne dass das Luftfahrtunternehmen eine neue Abflugzeit festsetzt, bleibt der Flug auch bei einer Verzögerung von drei Stunden oder mehr verspätet i.S.d. Art. 6 und gilt nicht als annulliert.

Landung auf entferntem Ausweichflughafen

Endet der Flug auf einem anderen als dem in der Buchung vorgesehenen Flughafen, gilt er grundsätzlich als annulliert. Anders verhält es sich wegen Art. 8 Abs. 3 aber, falls der Flughafen denselben Ort, dieselbe Stadt oder Region bedient.

"Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass ein Fluggast einen Ausgleichsanspruch wegen Annullierung hat, wenn sein Flug umgeleitet wurde und auf einem anderen als dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen landet, der nicht denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient."
EuGH, Beschluss v. 6. Oktober 2021, C‑253/21.

Nichts anderes kann für den Fall gelten, falls der Abflug von einem anderen als dem ursprünglichen Ausgangsflughafen erfolgt. Auch ein solcher Flug wäre annulliert im Sinne dieser Norm.

Landung auf nahegelegenem Ausweichflughafen

Endet der Flug abweichend hingegen auf einem Flughafen, der gem. Art. 8 Abs. 3 denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient wie jener, auf dem die Landung planmäßig hätte erfolgen sollen, liegt ausnahmsweise keine Annullierung vor. Er ist aber nicht rechtlos: Zum einen hat er die Ansprüche aus Art. 8 Abs. 3. Ob er außerdem einen Ausgleichsanspruch hat, hängt davon ab, ob sich dieser aus Verspätungsgesichtspunkten ergibt. Vgl. insoweit die Kommentierung zu Art. 6.

"Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 sind dahin auszulegen, dass ein Fluggast keinen Ausgleichsanspruch wegen Annullierung hat, wenn sein Flug umgeleitet wurde und er auf einem Flughafen gelandet ist, der zwar nicht dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen entspricht, aber denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient. Der Fluggast eines zu einem Ausweichflughafen, der denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region wie der in der ursprünglichen Buchung vorgesehene Zielflughafen bedient, umgeleiteten Fluges hat jedoch grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch nach dieser Verordnung, wenn er sein Endziel mindestens drei Stunden nach der vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit erreicht."
EuGH, Urteil v. 22. April 2021, C-826/19

Für den Fluggast bedeutet dies, dass er erst ab eineinem Zeitverlust von drei Stunden – und nicht bereits ab zwei Stunden – an seinem Endziel eine Ausgleichszahlung erwarten darf. Auch hängt sein Ausgleichsanspruch nicht davon ab, ob seine Ersatzbeförderung ans Endziel gem. Art. 8 Abs. 1 Buchst. b unter vergleichbaren Reisebedigungen (insbesondere auf dem Luftwege) erfolgt. In der Regel wird die Beförderung zum gebuchten Zielflughafen per Bus oder Taxi erfolgen.

Ermittlung d. Zeitverlusts bei Ausweichen auf nahen Flughafen

Die Ermittlung des Zeitverlusts, den ein Fluggast dadurch erleidet, dass er statt auf dem planmäßigen auf einem Flughafen landet, der denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient, erfolgt, indem auf jenen Zeitpunkt abgestellt wird, an dem der Fluggast tatsächlich entweder jenen Flughafen erreicht, an dem seine Beförderung planmäßig enden sollte, oder einen sonstigen nahe gelegenen, den er mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen vereinbart hat.

"Die Art. 5 und 7 sowie Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 sind dahin auszulegen, dass für die Ermittlung des Ausmaßes der Ankunftsverspätung, die ein Fluggast erleidet, dessen Flug umgeleitet wurde und der auf einem Flughafen gelandet ist, der zwar nicht dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen entspricht, aber denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient, auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem der Fluggast – nach Beendigung seiner Anschlussbeförderung – an dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen bzw. gegebenenfalls einem sonstigen nahe gelegenen, mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen vereinbarten Zielort tatsächlich ankommt."
EuGH, Urteil v. 22. April 2021, C-826/19

Abs. 1 Buchst. c

Ausgleichsanspruch unmittelbar aus Verordnung

Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung ergibt sich nicht aus dem Luftbeförderungsvertrag oder sogar aus der schuldhaften Nichterfüllung eines solchen Vertrags, sondern unmittelbar aus der Verordnung.

"Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 sowie Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91
sind dahin auszulegen, dass

sich im Fall der Annullierung eines Flugs der Anspruch der Fluggäste gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen auf die in diesen Bestimmungen vorgesehene Ausgleichsleistung und die entsprechende Verpflichtung des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu deren Zahlung unmittelbar aus dieser Verordnung ergeben."

EuGH, Urteil v. 29. Februar 2024, C-11/23

Abs. 1 Buchst. c Ziff. i

Keine analoge Anwendung auf Nichtbeförderungen.

Zweiwöchige Ausschlussfrist gilt nicht für den Fall der vorweggenommenen Nichtbeförderung. Siehe Kommentierung zu Art. 4 Abs. 3.

Abs. 3

Außergewöhnliche Umstände

Gewerkschaftlich organisierter Streik des eigenen Personals

Streiken Mitarbeiter des ausführenden Luftfahrtunternehmens als Folge eines regulären gewerkschaftlichen Aufrufs, begründet dies keinen außergewöhnlichen Umstand.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass durch den Streikaufruf einer Gewerkschaft von Beschäftigten eines ausführenden Luftfahrtunternehmens eingeleitete Streikmaßnahmen, bei denen die Anforderungen des nationalen Rechts – insbesondere die darin für die Vorankündigung vorgesehene Frist – beachtet werden, mit denen die Forderungen der Beschäftigten dieses Unternehmens durchgesetzt werden sollen und denen sich eine oder mehrere der für die Durchführung eines Fluges erforderlichen Beschäftigtengruppen anschließen, nicht unter den Begriff „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne dieser Vorschrift fallen."
EuGH, Urteil v. 23. März 2021, C-28/20

Bestätigt:

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass infolge des Streikaufrufs einer Gewerkschaft von Flugbegleitern und Piloten eines ausführenden Luftfahrtunternehmens eingeleitete Streikmaßnahmen zur Durchsetzung der Forderungen dieser Arbeitnehmer nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Bestimmung fallen; ob Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern vorausgegangen sind, ist insoweit unerheblich."
EuGH, Beschluss v. 10. Januar 2022, C‑287/20
sOLIDARITÄTSSTREIK DES EIGENEN pERSONALS LÄNGER ALS ERFORDERLICH

Gewerkschaftlich organisierter Streik des eigenen Personal begründet auch dann keine außergewöhnlichen Umstände , wenn er lediglich aus Solidarität und zur Untestützung eines Streiks gegen die Mutttergesellschaft geführt wird. Das gilt selbst dann, wenn er die gewerkschaftlich angekündigte Dauer des Streiks überschreitet und mit der Muttergesellschaft bereits eine Einigung erzielt wurde.

"Art. 5 Abs. 1 Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass ein Streik zur Durchsetzung der Ansprüche der Arbeitnehmer auf Vergütung und/oder Sozialleistungen, der auf Antrag einer Gewerkschaft der Belegschaft eines ausführenden Luftfahrtunternehmens in Solidarität mit dem Streik gegen die Muttergesellschaft, deren Tochtergesellschaft dieses Luftfahrtunternehmen ist, von einer für die Durchführung eines Fluges notwendigen Personalkategorie durchgeführt wird und der über den ursprünglich von der Gewerkschaft, die zum Streik aufgerufen hat, angekündigten Zeitraum hinaus andauert, obwohl inzwischen eine Einigung mit der Muttergesellschaft erzielt wurde, nicht unter den Begriff „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne dieser Bestimmung fällt."
EuGH, Urteil v. 6. Oktober 2021, C-613/20

Der Gerichtshof betont, dass eine mögliche Rechtswidrigkeit des Streiks keine Auswirkungen auf die Frage haben kann, ob er einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Denn die Rechtmäßigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen werde in jedem Mitgliedsstaat anders bewertet; EuGH, Urteil v. 6. Oktober 2021, C-613/20, Rn. 33. Der EuGH verweist im Übrigen auf die gernelle Abgrenzung, wonach ein ein Streik lediglich dann außergewöhnliche Umstände begründe, wenn er von außen auf das ausführende Luftfahrtunternehmen einwirkt, wie das beispielsweise bei einer Arbeitsaussetzung von Fluglotsen der Fall ist.

Kollision mit anderer Maschine am Boden

Stößt eine andere Maschine am Boden mit dem Fluggerät zusammen, das für die Durchführung eines Fluges vorgesehen ist, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, sofern erstens die Kollision durch die Bewegung ausschließlich der anderen Maschine verursacht wurde und zweitens diese Maschine für eine andere Fluggesellschaft im Einsatz ist.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass eine Kollision zwischen dem Höhenruder eines Flugzeugs in Parkposition und dem Winglet eines Flugzeugs einer anderen Fluggesellschaft, die durch die Bewegung des zweiten Flugzeugs verursacht wurde, unter den Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ im Sinne dieser Bestimmung fällt."
EuGH, Beschluss v. 14. Januar 2021, C-264/20
Ausfall der Treibstoffversorgung des Flughafens

Kann das für den Flug eingeplante Flugzeug wegen eines allgemeinen Ausfalls der Treibstoffversorgung auf dem Flughafen nicht betankt werden und obliegt die Verantwortung für die Treibstoffversorgung diesem Flughafen, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass ein allgemeiner Ausfall der Treibstoffversorgung als „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn der Ausgangsflughafen der betroffenen Flüge oder des betroffenen Flugzeugs für die Verwaltung des Treibstoffsystems der Flugzeuge verantwortlich ist."
EuGH, Urteil v. 7. Juli 2022, C‑308/21
Geplatzter Reifen nach Vollbremsung wegen Vogelschlags

Platzen Reifen als Folge einer Vollbremsung nach der Kollision mit einem Vogel, ist dies als außergewöhnlicher Umstand einzustufen. Unerheblich ist, ob der Vogelschlag selbst einen Schaden am Fluggerät verursacht hat und der Startabbruch im Nachhinein tatsächlich erforderlich war. Der EuGH betont, dass das Ziel der Verordnung, eine hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen, nicht dazu führen dürfe, dass der Pünktlichkeit des Fluges ein höhrerer Stellenwert eingeräumt wird als die Sicherheit.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91

ist dahin auszulegen, dass

der wegen eines Vogelschlags erfolgte Abbruch des Startvorgangs eines Flugzeugs durch eine Vollbremsung, durch die die Reifen des Flugzeugs beschädigt werden, unter den Begriff „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne dieser Vorschrift fällt."

EuGH, Beschluss v. 3. Oktober 2022, C‑302/22
Krankheit oder tod eines unverzichtbaren Besatzungsmitglieds

Fällt ein unverzichtbares Besatzungsmitglied (z.B. Pilot) kurzfristig und unerwartet wegen Krankheit oder sogar Tod aus, stellt dies keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Denn ein solches Ereignis stellt seiner Natur oder Ursache nach ein Vorkommnis dar, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens ist.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91

ist dahin auszulegen, dass

die unerwartete Abwesenheit eines für die Durchführung eines Fluges unverzichtbaren Besatzungsmitglieds aufgrund von Krankheit oder Tod, die kurz vor dem planmäßigen Abflug eintritt, nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Vorschrift fällt."

EuGH, Urteil v. 11. Mai 2023, C‑156/22 bis C‑158/22
Verstreckter Konstruktionsfehler

Ein versteckter Konstruktionsfehler erfüllt den Tatbestand des außergewöhnlichen Umstands, da das Luftfahrtunternehmen über keine Kontrollmittel verfügt, um diesen Fehler zu beheben. Das gilt auch dann, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen vor dem Zeitpunkt der Annullierung über das Vorliegen eines solchen Fehler informiert worden ist.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91

ist dahin auszulegen, dass

die Entdeckung eines versteckten Konstruktionsfehlers am Triebwerk eines Flugzeugs, mit dem ein Flug durchgeführt werden soll, unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, selbst wenn das Luftfahrtunternehmen vom Hersteller des Triebwerks mehrere Monate vor dem betreffenden Flug über das Vorliegen eines derartigen Fehlers informiert wurde."

EuGH, Urteil v. 13. Juni 2025, C‑411/23

Entsprechend verhält es sich bei einem neu in Betrieb genommen Flugzeugtyp , wenn der Hersteller dieses Flugzeugs nach der Annullierung anerkennt, dass diese Störung durch einen versteckten Konstruktionsfehler verursacht wurde, der sämtliche Flugzeuge dieses Typs betraf und die Flugsicherheit beeinträchtigte. Denn auch in diesem Fall ist der technische Defekt – etwa durch besonders gründliche Wartung – für das Luftfahrtunternehmen nicht zu vermeiden.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91

ist dahin auszulegen, dass

das Auftreten einer unerwarteten und neuartigen technischen Störung, die ein neues, vor Kurzem in Betrieb genommenes Flugzeugmodell betrifft und das Luftfahrtunternehmen zur Annullierung eines Fluges veranlasst, unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, wenn der Hersteller dieses Flugzeugs nach der Annullierung anerkennt, dass diese Störung durch einen versteckten Konstruktionsfehler verursacht wurde, der sämtliche Flugzeuge dieses Typs betraf und die Flugsicherheit beeinträchtigte."
Personalmangel bei Flughafenbetreiber

Verzögert sich die Abfertigung des Fluges wegen Personalmangels des Flughafenbetreibers – z.B. bei der Gepäckverladung -, kann dies einen außergewöhnlichen Umstand darstellen. Nämlich dann, das Vorkommnis nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und auch nicht von ihm zu beherrschen ist. Dies zu beurteilen, ist Sache des nationalen Gerichs.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91

ist dahin auszulegen, dass

es sich bei einem Mangel an Personal bei dem für die Gepäckverladung in die Flugzeuge verantwortlichen Flughafenbetreiber um einen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne dieser Vorschrift handeln kann."

EuGH, Urteil v. 16. Mai 2024, C‑405/23
Vorangegangener Flug derselben Maschine

Außergewöhnliche Umstände können sich auf Folgeflüge desselben Fluggeräts im Rahmen der geplanten Rotation dieser Maschine erstrecken. Voraussetzung dafür ist, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem außergewöhnlichen Umstand auf einem früheren und dem Zeitverlust des Fluggastes an seinem Endziel als Folge einer Verspätung oder Annullierung auf einem späteren Flug einer im Voraus geplanten Rotation der Maschine besteht.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass sich ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, um sich von seiner Pflicht zu befreien, Fluggästen bei erheblich verspäteter Ankunft ihres Fluges Ausgleichszahlungen zu leisten, auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen kann, der nicht den verspäteten Flug, sondern einen vorangegangenen Flug betroffen hat, den es selbst mit demselben Flugzeug im Rahmen von dessen Vorvorvorrotation durchgeführt hat, sofern ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieses Umstands und der erheblich verspäteten Ankunft des späteren Fluges besteht, was das vorlegende Gericht insbesondere unter Berücksichtigung des Betriebsmodus des betreffenden Flugzeugs durch das betreffende ausführende Luftfahrtunternehmen zu beurteilen hat."
EuGH, Urteil v. 22. April 2021, C-826/19

Zumutbare Maßnahmen

Um sich auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen zu können, muss das ausführende Luftfahrtunternehmen außerdem nachweisen, alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen zu haben.

Angebot frühestmöglicher Ersatzbeförderung ans Endziel

Zu den Maßnahmen, die das ausführende Luftfahrtunternehmen ergreifen muss, um sich auf außergewöhnliche Umstände berufen zu können, gehört, betroffenen Passagieren gem. Art. 8 Abs. 1 Buchst. b die frühestmögliche Ersatzbeförderung an sein Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen anzubieten. Dies schließt Flüge mit zusätzlichem, abweichendem oder weniger Umstieg ebenso ein wie solche anderer, auch konzernfremder Luftfahrtunternehmen. Dies gilt, sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen nicht nachweist, dass ein solches Angebot im dem Augenblick unzumutbar gewesen wäre.

"Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass die von einem Luftfahrtunternehmen im Fall der Annullierung des ursprünglich geplanten Fluges aufgrund außergewöhnlicher Umstände durchgeführte anderweitige Beförderung eines Fluggasts mit einem Flug, mit dem der Fluggast sein Endziel am Tag nach dem ursprünglich geplanten Ankunftstag erreicht, eine „zumutbare Maßnahme“ darstellt, die dieses Unternehmen von seiner in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichspflicht befreit, es sei denn, es bestand eine andere Möglichkeit einer anderweitigen direkten oder indirekten Beförderung mit einem von ihm selbst oder einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführten Flug, der mit weniger Verspätung als der nächste Flug des betreffenden Luftfahrtunternehmens ankam, außer dieses weist nach, dass die Durchführung einer solchen anderweitigen Beförderung für es angesichts der Kapazitäten seines Unternehmens zum maßgeblichen Zeitpunkt ein nicht tragbares Opfer dargestellt hätte, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat."
EuGH, Beschluss v. 14. Januar 2021, C-264/20

Ausnahme: Im Falle des Art. 8 Abs. 3, daher in dem Fall, dass der Flug zwar nicht am planmäßigen, aber an einem Flughafen endet, der denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region wie dieser, führt ein Verstoß des ausfertigen Luftfahrtunternehmens gegen seine Pflicht zur Anschlussbeförderung nicht automatisch zur Ausgleichspflicht; vgl. die Kommentierung zu Art. 8 Abs. 3.

Vorhalten von Reserveflugzeugen

Eine Flotte von Reserveflugzeugen vorzuhalten, kann erforderlich sein, damit das ausführende Luftfahrtunternehmen für sich in Anspruch nehmen darf, alle zumutbaren Maßnehmen ergriffen zu haben, um den Eintritt und die Folgen eines „außergewöhnlichen Umstands“ zu vermeiden. Ob ein solches Erfordernis besteht, ist Frage des Einzelfalls und vom nationalen Gericht zu entscheiden. Dabei kann es eine Rolle spielen, ob das Luftfahrtunternehmen mit dem Ausfall einer seiner Maschinen rechnen musste, weil es z.B. vorher über das Vorliegend eines versteckten Konstruktionsfehlers informiert worden war. Maßstab ist die technische, wirtschaftliche und personelle Tragbarkeit für das Unternehmen.

"Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004

ist dahin auszulegen, dass

ein Luftfahrtunternehmen im Rahmen „aller zumutbaren Maßnahmen“, die es zu ergreifen hat, um den Eintritt und die Folgen eines „außergewöhnlichen Umstands“ im Sinne dieser Bestimmung, wie etwa die Entdeckung eines versteckten Konstruktionsfehlers des Triebwerks eines seiner Flugzeuge, zu vermeiden, eine vorbeugende Maßnahme ergreifen kann, die darin besteht, eine Flotte von Ersatzflugzeugen in Reserve zu halten, vorausgesetzt, dass diese Maßnahme angesichts der Kapazitäten des Unternehmens zum maßgeblichen Zeitpunkt technisch und wirtschaftlich durchführbar ist."

EuGH, Urteil v. 13. Juni 2025, C‑411/23
Personalmangel bei Flughafenbetreiber

Stellt der Mangel des Flughafenbetreibers an Personal einen außergwöhnlichen Umstand dar, muss das ausführende Luftfahrtunternehmen nachweisen, dass es nicht in der Lage war, diesen Mangel auszugleichen, etwa durch Inanspruchnahme eines anderen Dienstleisters. Das gilt insbesondere für den Fall, dass dem Luftfahrtunernehmen der Personalmangel des Flughafenbetreibers vorher bereits bekannt war.

"Das Luftfahrtunternehmen, dessen Flug aufgrund eines solchen außergewöhnlichen Umstands eine große Verspätung hatte, muss jedoch zur Befreiung von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen an die Fluggäste gemäß Art. 7 der Verordnung nachweisen, dass sich dieser Umstand auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären und dass es gegen dessen Folgen die der Situation angemessenen Vorbeugungsmaßnahmen ergriffen hat."
EuGH, Urteil v. 13. Juni 2025, C‑411/23

Abs. 4

Mitteilung der Annullierung an den Reisevermittler/-veranstalter

Entscheidend für die Ermittlung des Zeitpunkts der Unterrichtung des Fluggastes über die Annullierung seines Fluges ist, wann ihn die Mitteilung erreicht. Nicht ausreichend ist, dass lediglich das Reisebüro bzw. der Reiseveranstalter vom Luftfahrtunternehmen über die Streichung des Fluges in Kenntnis gesetzt wird. Das gilt auch dann, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen gar nicht über die Kontaktdaten des Fluggastes verfügt, bzw. es nicht weiß, dass die hinterlegten Kontaktdaten dem Vermittler bzw. Reiseveranstalter gehören. Wird lediglich der Reisevermittler/-veranstalter (rechtzeitig) über die Annullierung informiert, weil dieser die Information nicht oder nur verspätet an den Fluggast weiterreicht, kann sich das ausführende Luftfahrtunternehmen nicht gem. Abs. 1 Buchst. c darauf berufen, ihn rechtzeitig informiert zu haben. Er muss, sofern er sich nicht gem. Abs. 3 auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen darf, die Ausgleichszahlung leisten.

"Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91

sind dahin auszulegen, dass

das ausführende Luftfahrtunternehmen verpflichtet ist, die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausgleichszahlungen im Fall einer Flugannullierung, über die der Fluggast nicht mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, zu leisten, wenn das Luftfahrtunternehmen die Information rechtzeitig an die einzige ihm bei der Buchung mitgeteilte E‑Mail‑Adresse gesandt hat, ohne indes zu wissen, dass über diese Adresse nur der Reisevermittler, über den die Buchung vorgenommen worden war, und nicht unmittelbar der Fluggast erreicht werden konnte, und der Reisevermittler die Information dem Fluggast nicht rechtzeitig übermittelt hat."

EuGH, Beschluss v. 27. September 2022, C‑307/21

Allerdings weist der Gerichtshof darauf hin, dass für den Fall angenommen werden kann, dass der Fluggast sehr wohl rechtzeitig über die Annullierung informiert sein kann, falls er „den Vermittler ausdrücklich ermächtigt [hat], die vom ausführenden Luftfahrtunternehmen übermittelten Informationen entgegenzunehmen, und diese Ermächtigung dem Luftfahrtunternehmen bekannt ist“; EuGH, Beschluss v. 27. September 2022, C‑307/21, Rn. 27.

Entsprechend:

"Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass davon auszugehen ist, dass ein Fluggast, der über einen Vermittler einen Flug gebucht hat, nicht über die Annullierung dieses Fluges unterrichtet wurde, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen die Verständigung von der Annullierung dem Vermittler, über den der Vertrag über die Beförderung im Luftverkehr mit dem Fluggast geschlossen wurde, mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit übermittelt hat, der Vermittler den Fluggast aber nicht innerhalb der in der genannten Bestimmung vorgesehenen Frist über die Annullierung unterrichtet hat und der Fluggast den Vermittler nicht ausdrücklich ermächtigt hat, die vom ausführenden Luftfahrtunternehmen übermittelten Informationen entgegenzunehmen."
EuGH, Urteil v. 21. Dezember 2021, C‑263/20

Nationalen Recht zur Umsetzung von Art. 11 der Richtlinie 2000/31

Sofern nationales Recht zur Umsetzung von Art. 11 der Richtlinie 2000/31 vorsieht, dass eine Zugangsvermutung für rechtlich erhebliche elektronische Dokumente besteht, was Buchungsänderungen seitens des Luftfahrtunternehmen einschließen kann, ändert dies nichts daran, dass sich die Rechtzeitigkeit der Unterrichtung des Fluggastes über die Annullierung seines Fluges, ausschließlich nach dieser Verordnung bestimmt. Sieht nationales Recht vor, dass ein Dokument als zugegangen gilt, sobald es über die entsprechende elektronische Plattform abrufbar ist, gilt der Fluggast nicht bereits deshalb als unterrichtet, weil er die Möglichkeit gehabt hätte, das Dokument rechtzeitig abzurufen.

"Die Einhaltung der Verpflichtung, den Fluggast rechtzeitig über die Annullierung seines Fluges zu unterrichten, ist ausschließlich anhand von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 261/2004 in Verbindung mit deren Art. 5 Abs. 4 zu beurteilen."
EuGH, Urteil v. 21. Dezember 2021, C‑263/20

Anders, so der EuGH, könne es sich darstellen, sofern der Fluggast den Vermittler seines Fluges ausdrücklich ermächtigt hat, die vom ausführenden Luftfahrtunternehmen übermittelten Informationen entgegenzunehmen, und diese Ermächtigung dem Luftfahrtunternehmen bekannt ist; EuGH, Urteil v. 21. Dezember 2021, C‑263/20, Rn. 44.